8. VON DER WISSENSCHAFT ERZÄHLEN

Durch die Popularisierung wurde wissenschaftliches Wissen mithilfe einer klaren und verständlichen Sprache an ein breites Publikum weitergegeben. Nach 1855 war dieses Publikum das Publikum der Weltausstellungen, der Museen für Wissenschaft und Technik, der Fachpublikationen und -zeitschriften und der wissenschaftlichen Konferenzen.

Im 19. Jahrhundert durchlebte die französische Gesellschaft einen tiefgreifenden Wandel: Die industriellen Revolutionen veränderten die Produktionsmethoden, die soziale Organisation und das Alltagsleben. Überall war Technik präsent, verheißungsvoll und beunruhigend zugleich.

Auch in den Jugendbüchern nahmen Wissenschaft und Technik einen wichtigen Platz ein. Um 1860 entstand als Antwort auf die von der Welt der Wissenschaft ausgehenden Faszination ein neues literarisches Genre: der „Wissenschaftsroman“, der spannende Erzählungen und pädagogische Darstellungen miteinander verknüpfte. Dieses Genre wurde durch die Veröffentlichung von Jules Vernes Roman Fünf Wochen im Ballon im Jahr 1863 im Verlag Hetzel populär und hatte zum Ziel, „eine Bildung zu vermitteln, die Spaß macht“.

Pierre-Jules Hetzel, der Verleger von Jules Verne, beschrieb im Vorwort des Romans Die Abenteuer des Kapitäns Hatteras (1866) diesen Wunsch nach unterhaltsamer Bildung: „[…] Tatsächlich ist es sein Ziel, alle geografischen, geologischen, physikalischen und astronomischen Kenntnisse zusammenzufassen, die von der modernen Wissenschaft gesammelt wurden, und die Geschichte des Universums in der ihm eigenen attraktiven und malerischen Form neu zu erzählen“.


Mjv c567 002

Jame’s Prunier
Die geheimnisvolle Insel
Gouache und Aquarell auf Papier
Illustrationen für die Edition Gallimard, 2000
MJV C567/1/2 (Kauf vom Künstler mit Unterstützung des Fonds régional d’acquisition pour les bibliothèques, 2006)


Mjv c566 001

Jame’s Prunier
Reise zum Mittelpunkt der Erde
Gouache und Aquarell auf Papier
Illustration für die Editions Gallimard, 2004
MJV C566/1/2 (Kauf vom Künstler mit Unterstützung des Fonds régional d’acquisition pour les bibliothèques, 2006)


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Munerelle
Les Phénomènes et les curiosités de la nature
                 
(Phänomene und Besonderheiten der Natur) Illustration von Lemaître
Derivaux, Straßburg, 1856
MJV A4291


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Le Musée des sciences
Wochenzeitung, 1. April 1857
MJV A878


1855 löst die erste Weltausstellung in Paris Begeisterungsstürme in Frankreich aus.
Im Zuge dieser Veranstaltung gibt der Journalist Henri Lecouturier zwei neue Zeitschriften heraus: La Science pour tous und Le Musée des sciences im Jahr 1856.

Das 19. Jahrhundert, das vorschnell als wissenschaftsgläubig bezeichnet wird, ist wahrscheinlich vor allem popularisierend.


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Camille Flammarion
L’Atmosphère : météorologie populaire
(Die Atmosphäre: populärwissenschaftliche Meteorologie) Librairie Hachette, Paris 1888
MJV A5738


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Jules Verne
Reise zum Mittelpunkt der Erde
Éditions Hetzel, Paris, 1875-1890
MJV A380

Der Aufschwung der Naturkunde hat den Schriftsteller zu dieser zweiten der Außerordentlichen Reisen angeregt. Das Buch wird zweimal aufgelegt. Die erste Auflage stammt von 1864, die zweite, um zwei Kapitel erweiterte Auflage von 1867. Die verschiedenen Episoden bieten einen aktualisierten Stand der wissenschaftlichen Entdeckungen, insbesondere im Bereich der Paläontologie.


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Jules Verne
Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras
Éditions Hetzel, Paris, 1898
MJV A382


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Werbeplakat für die Veröffentlichung von
Le Monde avant la création de l’homme
Éditions Flammarion, Paris, 1885
MJV D1033

Im Laufe des 19. Jahrhunderts erfahren die Naturwissenschaften eine starke Entwicklung.
Die großen Entdeckungsreisen offenbaren die Vielfalt der Welt, die Vielgestaltigkeit der lebenden Arten und die Geologie enthüllt das Alter der Erde und ihre Veränderungen.
Die Wissenschaft der Fossilien, genannt Paläontologie, offenbart die Anfänge des Lebens und die Existenz ausgestorbener Arten, insbesondere die der Dinosaurier.
Und die Evolutionstheorie verändert unsere Vorstellung vom Menschen, von seinen Ursprüngen und seinem Platz in der Natur grundlegend.

Im Buch Le monde avant la création de l’homme greift Camille Flammarion die Arbeit auf, die ursprünglich von W.F.A. Zimmermann bereits im 18. Jahrhundert eingeleitet wurde.
Er popularisiert die Paläontologie und zeigt sich als Verfechter der Evolutionstheorie von Charles Darwin, dessen Werk Über die Entstehung der Arten 1859 veröffentlicht wurde.


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Jean Carzou
De la Terre à la Lune
(Von der Erde zum Mond)
Librairie Hachette, Paris, 1969
MJV A3171


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Jame’s Prunier
Reise um den Mond
Gouache und Aquarell auf Papier 
Illustrationen für die Edition Gallimard, 2004
MJV C355 (Kauf vom Künstler mit Unterstützung des Fonds régional d’acquisition pour les bibliothèques, 2005)


Die Abenteuergeschichten von Jules Verne haben visuell die kollektive Fantasie geprägt. Sein Werk inspiriert auch heute noch Autoren und Künstler, führt zu vielfältigen Interpretationen und zur Schaffung unzähliger neuer Bilder.
Der Künstler Jame’s Prunier illustriert nacheinander eine Neuauflage von zwei Romanen von Jules Verne, Die Reise um die Erde in 80 Tagen (1995) und Reise um den Mond (2004). In seinen Kompositionen übersetzt der Künstler das Werk Jules Vernes ins Bildliche. Er interpretiert die Erzählung mit einem Sinn für den Realismus und im Bemühen um die Wiedergabe der Atmosphäre, um so einen gelungenen Dialog zwischen Text und Illustration zu schaffen.


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Die Reise zum Mond
um 1879
Spende des Vereins Les Amis de la Bibliothèque Municipale de Nantes, 2016

Stereoskopische Ansicht der Märchenoper von Jacques Offenbach, Libretto von Albert Vanloo, Eugène Leterrier und Arnold Mortier nach Jules Verne, uraufgeführt am 26. Oktober 1875 im Théâtre de la Gaîté. Die Stereoskopie ist die Gesamtheit der Techniken, die eingesetzt werden, um eine Reliefwahrnehmung anhand von zwei flachen Bildern zu reproduzieren.


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Jean-Marc Deschamps
Lune sur son socle (Mond auf seinem Sockel)
Modell inspiriert durch den Film Die Reise zum Mond
2000

Die Reise zum Mond ist ein von Georges Méliès produzierter und inszenierter Film aus dem Jahr 1902. Er basiert auf den Romanen Von der Erde zum Mond von Jules Verne (1865) und Die ersten Menschen auf dem Mond von H. G. Wells. (The First Men in the Moon, 1901).
MJV G193


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Jules Verne est d’abord un raconteur d’histoire où la science tient une place essentielle. Le nouveau parcours s’attarde sur cette thématique.

Werbeplakat für die Veröffentlichung der
Nouvelles conquêtes de la science
Imprimerie Robelin, Paris, 1884
MJV D1036

Ab den 1850er Jahren werden populärwissenschaftliche Werke verbreitet, und die Leser können sich leichter mit den Fortschritten in Wissenschaft und Technik vertraut machen.

Louis Figuier ist einer der wichtigsten populärwissenschaftlichen Schriftsteller jener Zeit.
Das Werbeplakat für die Veröffentlichung der Nouvelles conquêtes de la science  (Neue Errungenschaften der Wissenschaft) fasst den Inhalt des Buches zusammen und verweist auf die Innovationen der damaligen Zeit: die Entwicklung der Eisenbahn, den Aufschwung der Dampfschiffe, Großbaustellen wie den Bau von Brücken und Tunneln und die allgegenwärtige Elektrizität. Die Wissenschaft wird darin symbolisch durch einen Leuchtturm dargestellt, der die Menschheit erleuchtet, ihr den Weg weist und sein Licht über die Welt strahlen lässt.


Mjv d290

Herr der Welt
Plakat für die Kinoadaptation von Regisseur William Witney
1961
MJV D290

Das amerikanische Kino trug dank der Bekanntheit der Schauspieler und der großen technischen und finanziellen Mittel zur Verbreitung des Werks von Jules Verne bei. Doch was das Werk an Bekanntheit gewann, verlor es an Integrität: die Drehbuchautoren änderten die Handlung und führten neue Charaktere ein.


Robur le conquérant de jour bd

Frédéric Voisin
Robur der Eroberer 
Linolschnitt, 2020
MJV C592


Ile mystérieuse jour

Frédéric Voisin
Die geheimnisvolle Insel 
Linolschnitt, 2020
MJV C591


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Gaston Bonnefont
Le règne de l’électricité
(Die Herrrschaft der Elektrizität) Alfred Mame et fils, Tours, 1895
MJV A5595

1881 findet im Industriepalast in Paris die Erste Internationale Elektrizitätsausstellung statt.
Hunderttausende Besucher entdecken dort die Wunder der „Fee Elektrizität“.


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Félix Tournachon, genannt Nadar
Handschriftliches Manuskript
MJV B25 (Ausstellungsabzug)

Der als Fotograf bekannte Nadar war aktiv an der Entwicklung des Flugverkehrs beteiligt, und seine Begeisterung hat Jules Vernes Werk maßgeblich inspiriert.
In einem Brief, der auf einem Blatt Papier mit Briefkopf der „Société d’encouragement pour la locomotion aérienne au moyen d’appareils plus lourds que l’air“ (Gesellschaft für die Förderung des Lufttransports mithilfe von Maschinen, die schwerer als Luft sind), einem von Nadar 1863 gegründeten Komitee, verfasst ist, wendet er sich an den Direktor der Zeitung Le Moniteur universel du soir. Er antwortet auf einen Artikel, der in der Tageszeitung erschienen ist und der Verwirrung stiftete. Er schreibt: „Es wird gesagt, dass ich von einer Maschine träume, die an einem Ballon hängt“, „Ich kann diese Behauptung nicht so stehen lassen. Ich verbringe mein Leben damit, das Gegenteil zu sagen, aber anscheinend noch nicht laut genug, dass Ballons absolut nicht lenkbar sind.“

Auf der linken Seite des Briefkopfes steht unter den Namen der Mitglieder des Komitees auch der Name von Jules Verne, einem aktiven Befürworter von „schwerer als Luft“.


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Jules Verne
Robur der Eroberer gefolgt von Ein Lotterie-Los
Éditions Hetzel, Paris, 1886
MJV A345

Das 19. Jahrhundert erobert den Luftraum, die Erdoberfläche und die Tiefen der Erde.
Die Geschwindigkeit und die Reichweite der Transport- und Kommunikationsmittel sind Gegenstand zahlreicher Forschungen. Die Originalität von Jules Verne liegt nicht in der technologischen Erfindung von Maschinen, die vor ihm schon von anderen ersonnen wurden, sondern in ihrer außergewöhnlichen Nutzung.


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Jules Verne
Von der Erde zum Mond
gefolgt von Reise um den Mond
Éditions Hetzel, Paris, 1875-1878
MJV A314


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Puzzlespiel
Métiers, techniques et progrès scientifiques
(Wissenschaftliche Berufe, Techniken und Fortschritte) Chromolithographie auf Karton, um 1890
MJV G375

Dieses klassische Spiel aus dem 19. Jahrhundert führt Kinder auf spielerische Weise an wissenschaftliche Erkenntnisse heran.


Modèle de l'Epouvante, Jean-Marc Deschamps, 2003

Jean-Marc Deschamps
Die Épouvante

Modell inspiriert am Roman Herr der Welt (1904)
2003
MJVG172 (Kauf vom Künstler)

Mit Herr der Welt schloss Jules Verne eine Geschichte ab, die zwanzig Jahre zuvor begonnen hatte: der Ingenieur Robur kehrt mit einer neuen Maschine und obskuren Plänen zurück.
Die Épouvante ist ein „universelles Transportmittel“, eine Hybridmaschine, die sich auf dem Land, im und unter Wasser und in der Luft fortbewegen kann. Diese seltsame Maschine hat die Form einer spindelförmigen Struktur aus Aluminium (im Gegensatz zu Roburs erstem Gerät, der Albatros, die aus mit Harz imprägniertem Papier bestand). Der Rumpf ruht auf vier Rädern, deren Speichen sich zu Schaufeln verbreitern, um die Fahrt durch das Wasser zu beschleunigen. Die Flügel sind an den Seiten des Fahrzeugs angebracht; sie werden beim Abheben ausgebreitet und beginnen dann wie die Flügel eines Vogels zu flattern. Die 10 Meter lange und 1,80 Meter breite Épouvante erreicht an Land dank zweier Parson’s-Turbinen auf beiden Seiten des Kiels, die auch im Wasser und in der Luft für den Antrieb sorgen, eine Geschwindigkeit von mehr als 250 km/h.
Die Épouvante und ihr Schöpfer sollten ein tragisches Ende finden: Weil sie den Elementen trotzten, wurden sie von einem rachsüchtigen Blitz getroffen und in den Tiefen des Golfs von Mexiko versenkt.


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Mit seinen Erzählungen Von der Erde zum Mond (1865) und Reise um den Mond (1869), in denen es um den Antrieb und die Umlaufbahn eines bemannten Projektils um den Mond geht, nahm Jules Verne die Erfolge der Weltraumprogramme um ein Jahrhundert vorweg. In diesem Sinne kann er als „einer der großen Pioniere des Weltraumzeitalters“ (Frank Borman, Astronaut) bezeichnet werden.


Spielzeugauswahl: La conquête de l’espace (Die Eroberung des Weltraums)
(Reihe André Martin)

Diese Objekte veranschaulichen die Eroberung des Weltraums und den Wettlauf zum Mond, den die USA und die UdSSR nach dem Zweiten Weltkrieg unternahmen. Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges zeigten der Start des künstlichen Satelliten Sputnik 1 und der erste Weltraumflug von Juri Gagarin, dass die Sowjetunion in diesem Bereich führend war. Diese Rivalität sollte die USA dazu veranlassen, das Apollo-Programm zu starten, dessen Ziel es war, einen Menschen auf den Mond zu bringen. Dieses ehrgeizige Projekt wurde am 21. Juli 1969 mit der Mondlandung der Apollo-11-Mission und den ersten Schritten von Neil Armstrong und Buzz Aldrin auf dem Mond Wirklichkeit.


Fortsetzung des Besuchs